Lohnt sich The Witcher: Blood Origin? So gut ist die neue Fantasy-Serie auf Netflix – News Séries
„The Witcher“ ist eines der Flaggschiffe von Netflix, jetzt bringt der Streamingdienst die Prequel-Serie „Blood Origin“ auf den Markt. Warum das Spin-off nicht mit der Mutterserie mithalten kann, erfahrt ihr in unserem Review zu den vier Folgen.

Obwohl Netflix weiterhin scheinbar beliebte Formate verkauft, baut der Streamingdienst echte Hits gerne zu großen Franchises aus – nirgendwo kann man das besser sehen als bei „The Witcher“. Neben den bisher erschienenen zwei Staffeln der Netflix-Serie gab es bereits den Animationsfilm „Nightmare Of The Wolf“, mehrere Behind-the-Scenes-Making-ofs und -Specials sowie einen Kamin. Eine dritte Staffel ist in Produktion, ebenso wie andere Ausgründungen, darunter eine familienfreundliche Zeichentrickserie (!).
Doch nun steht das wohl wichtigste und prestigeträchtigste Spin-off in den Startlöchern: „The Witcher: Blood Origin“ ist eine Prequel-Serie, die 1.200 Jahre vor „The Witcher“ spielt und immer noch eng mit der Hauptserie verknüpft ist. Dafür sorgen nicht nur der Auftritt von Jaskier/Rittersporn in der Hintergrundgeschichte, sondern auch zahlreiche inhaltliche Parallelen. Aufs Neue Qualitativ kommt das Prequel selten an die Elternserie heran. Zu hastig ist das Erzähltempo der vier Folgen, zu blass bleiben die vielen Hauptfiguren, zu generisch wirkt die austauschbare Geschichte.

Netflix / Lilja Jonsdottir
Fjall und Éile stehen im Mittelpunkt von „Blood Origin“.
Bard Jaskier (Joey Batey) ist fassungslos, als er inmitten eines blutigen Gemetzels zwischen Menschen und Elfen plötzlich von dem mysteriösen Elfenmagier Seanchai (Minnie Driver) gerettet wird. Sie erzählt ihm eine Geschichte, die in Vergessenheit zu geraten droht und die er nun mit neuem Leben füllen soll:
Vor 1.200 Jahren, im goldenen Zeitalter der Elfen und vor der Ankunft von Menschen und Monstern, schloss sich eine Gruppe von sieben Kriegern und Magiern zusammen, um gegen ein mächtiges Imperium zu kämpfen. Mit dabei sind auch die mächtige Bardin Éile (Sophia Brown), ihr Lehrer Scían (Michelle Yeoh) und die Kriegerin Fjall (Laurence O’Fuarain). Schließlich führten ihre Aktionen zur Verbindung der Sphären, die die Welten der Elfen, Menschen und Monster verschmolzen, und zur Erschaffung des ersten Hexers …
„Blood Origin“ beginnt mit einem in blutrotes Licht getauchten Kampf zwischen Elfen und Menschen, begleitet von einer rockigen Filmmusik, in der die Kamera genauso auf den Kopf gestellt wird, wie Jaskiers Leben inmitten des Gemetzels gefangen ist. Nach diesem vielversprechenden Start stellt sich jedoch schnell Ernüchterung ein: Für eine Geschichte, die 1.200 Jahre vor The Witcher spielt und (fast) ausschließlich Elfen als Charaktere enthält, fühlt sich Blood Origin einfach zu vertraut und zu „normal“ an.
Elfen sind nur Menschen
Das liegt zum Teil daran, dass die Grundgeschichte mit dem Kampf einer kleinen Gruppe von Helden gegen die große Übermacht weder neu (Stichwort: „Die sieben Samurai“ oder „Die glorreichen Sieben“) noch dramaturgisch und szenisch besonders spannend ist. „Die Geschichte ist so veraltet“, sagte Jaskier zunächst skeptisch zu Seanchai. und hat trotz aller Einwände des Magiers irgendwie recht.

Susie Allnutt/Netflix
Die glorreichen Sieben aus „Blood Origin“ (hier allerdings nur sechs)
Zu einem großen Teil ist es das aber auch dass sich die elbische Gesellschaft einige Jahrhunderte später nicht sehr von der der Menschen unterscheidet (außerhalb eines starren Kastensystems): Die Reichen und Mächtigen kümmern sich nicht um die Armen, nur um ihre Intrigen, es gibt Not und Elend, es tummeln sich die gleichen Schmuddeltypen und überheblichen Kneipengäste, kurzum: Das Leben ist hart und unfair, außer dass jeder spitze Ohren hat.
Irgendwo steht ein interessanter Kommentar, schließlich sind die Parallelen zwischen der elfischen und der menschlichen Gesellschaft kaum zu übersehen – die Elfen unterdrücken selbst die Zwerge so rücksichtslos, wie Menschen sie viele Jahre später unterdrücken würden. Doch das gelingt den Serienmachern Declan de Barra (Autor von „The Witcher“) und Lauren Schmidt Hissrich (Showrunner von „The Witcher“) und ihrem Team kaum, sondern halten an solchen oberflächlichen Parallelen fest.
Vier Folgen sind nicht genug
Das ist nicht der einzige Punkt, an dem “The Witcher: Blood Origin” versagt, weil die Serie mit vier Folgen einfach zu kurz kam. Ursprünglich waren sechs Folgen geplant, die später – mit Hilfe scheinbar ausgedehnter Neudrehs – auf vier Folgen reduziert wurden. Lauren Schmidt Hissrich begründete diesen Schritt in einem Interview mit der polnischen Seite nach BILDSCHIRM pl mit dem Wunsch nach einem durchgängigen Erzählrhythmus. Insgesamt aber eine unglückliche Entscheidung, zumal es trotz der Nachdrehs an allen Ecken und Enden knackt.
„Blood Origin“ soll laut Schmidt Hissrich im obigen Interview in einem Rutsch anschaubar sein, und das bei einer Gesamtlaufzeit von rund drei Stunden, was mittlerweile durchaus möglich ist. Aber das macht die chirurgischen Nähte nur noch sichtbarer: Immer wieder wurden sehr offensichtliche erklärende Dialoge aus abgeschlossenen Szenen gesprochenobwohl man teilweise sieht, dass sich die Münder der sprechenden Charaktere überhaupt nicht bewegen.
Und auf die eine oder andere Weise haben alle Charaktere, denen die sieben begegnen, immer unerklärlicherweise von ihren Plänen gehört. Einmal werden sie gefragt, ob sie die Kaiserin wirklich töten wollen. Nur die Anführerin selbst hat offenbar nichts mitbekommen. Beides zeugt davon, dass hier die längeren Dialog- und Actionszenen entfernt wurden und in diesem Aufbau mehr als unelegant sind.

Susie Allnutt/Netflix
Meldof (Francesca Mills) und ihr Hammer
Und während die bereits erwähnten Fjall, Éile und Scían in Hit-Miniaturen vorgestellt werden – Éile zum Beispiel singt ein Lied in einer Taverne und bringt den Bösewichten zwischendurch ihr Handwerk bei – überlässt wenig den verbleibenden vier Charakteren im Team und ihren Motivationen (ganz zu schweigen von den Bösewichten der Serie).
Francesca Mills kann die hammerschwingende Zwergenkriegerin Meldof besser spielen. Bezeichnend ist aber, dass kurz vor Schluss ein Charakter namens Uthrok Ein-Ei auftaucht, der in zwei, drei Szenen mehr Eindruck hinterlässt als mancher der nominellen Hauptdarsteller, und das nicht nur wegen seines Namens.
Zumindest die Belichtungswerte stimmen
Auch wenn es bisher so aussah, ist „The Witcher: Blood Origin“ kein Totalausfall. Einerseits die tolle Kostüme, Sets und Szenenvor denen die Handlung stattfindet und die sich vor der Pracht von Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht kaum verstecken müssen.

Susie Allnutt/Netflix
In „Blood Origin“ gibt es einige fantasievolle Kostüme zu bewundern.
Und was die Elternserie betrifft Auch in „Blood Origin“ knackt es, wenn die Charaktere zu den Waffen greifen. Einer der frühen Höhepunkte ist der Kampf von Fjall und Éile gegen eine Gruppe von Attentätern, wobei die Bardin ihre Gegner am Boden mit Messern und Kampfkünsten bekämpft, während Fjall ihre massive Axt schwingt. Und Michelle Yeoh kann immer wieder beweisen, dass sie mit dem Schwert in der Hand immer noch eine gute Figur macht.
Fazit: Langweilig wird uns in „The Witcher: Blood Origin“ dank einiger gelungener Actionszenen und einem sehr ausdauernden Erzählrhythmus nicht. Die Charaktere und die Welt, in der sie leben, werden jedoch übersehen.